Am Nord-Ostsee-Kanal
- Details
- Kategorie: Maritimes
- Veröffentlicht: Montag, 03. Juli 2017 20:02
- Geschrieben von Andreas Janke
- Zugriffe: 9411
Am Nord-Ostsee-Kanal mögen wir immer mal wieder gerne ein paar Stunden verbringen. Man kann da aber auch an verschiedenen Plätzen sehr schön mit dem Wohnmobil stehen und ein paar Tage ausspannen. Wen das Geräusch von den Schiffsdieseln nicht stört (und wer nicht gleich hysterisch schreiend vor den Feinstaubwolken flüchten will ...), findet hier mit ein wenig Glück ein schönes Plätzchen, wo die Schiffe praktisch am Wohnzimmerfenster vorbeifahren.
In der Nähe der Fähre Breiholz parkt es sich westlich von Schachtholm sehr gut. Es gibt bei Schachtholm einen echten Wohnmobilstellplatz, der etwas erhöht ist und eine sehr gute Sicht über den Kanal bietet. Aber es ist eben ein Wohnmobilstellplatz ... weiter westlich gibt es aber zwei Möglichkeiten, in einer nicht mehr benutzten Zufahrt zum Kanal zu stehen. Mein Tip dafür: rückwärts rein, solange noch reichlich Platz ist. Diese Plätze können voll werden. Nichts ist nerviger, als mit dem Wohnmobil rückwärts auszuparken, während andere Wohnmobilfahrer hinter dem Fahrzeug planlos umherwatscheln. Das hatte ich bei meinem Besuch vor vier Wochen: kaum rollt die eigene Karre langsam rückwärts, latscht irgendein Typ seelenruhig in den toten Winkel direkt hinter dem Wagen.
Früh am Morgen hört man den Motor der Fähre ein wenig. Die ist nicht sehr laut, das stört nicht. Die großen Schiffsdiesel sind lauter, aber sie machen einen noch erträglichen dunklen Ton. Jeder Baumarkt-Roller ist nerviger!
Und weil es von der Geografie her so schön paßt mit einem langen Gewässer, leben hier inzwischen auch Nilgänse!
Die Kleinen sind in wenigen Wochen schon deutlich gewachsen.
Eine Gans paßt immer auf, was sich in der Umgebung tut; die andere Gans bringt inzwischen dem Nachwuchs irgendwas bei: wo es Futter gibt, wie man schwimmt ...
Andere Gänse finden sich hier auch, und sie kommen sehr gut miteinander aus. Hier leben mindestens drei Arten auf sehr engem Raum. Die Gänse scheinen die Nähe der Fähren zu bevorzugen. Hier gibt es nämllich noch die alten "NATO-Brückenrampen": Betonrampen, die flach ins Wasser gebaut sind. Woanders bietet die Kanalböschung nur große Steine, das ist nichts für Gänse.
Als die Aufnahme entstand, war es noch etwas hin bis zur Kieler Woche: sicher wollte dieser Skipper dran teilnehmen. Im Kanal ist Segeln nur erlaubt, wenn die Maschine läuft, also das Segel nur unterstützt!
Die Fährüberfahrten sind auf allen Kanalfähren gratis. Das geht noch auf die Bauzeit des Kanals zurück und ist auf einem kaiserlichen Erlaß begründet. Der Kanal durchschnitt eine Menge Verkehrswege: um die Akzeptanz des Bauvorhabens zu steigern, verfügte der Kaiser, alle Übergänge seien künftig kostenfrei zu benutzen. Das bezieht sich bis heute auf alle Brücken und alle Fähren sowie die beiden Tunnel bei Rendsburg (einmal Auto, einmal Fußgänger).
Der Segler zieht unter Maschine weiter. Eilig darf man es hier nicht haben: die Geschwindigkeit ist auf 15 km/h begrenzt (für große Schiffe: 12 km/h). Und es wird auch überwacht. Wer aus der Schleuse kommt, wird mit Uhrzeit registriert: der gesamte Verkehr ist jederzeit unter Beobachtung und Lenkung. Wer deutlich zu früh an der nächsten Station ankommt, fängt sich ein saftiges Bußgeld: zu schnelles Fahren schädigt die Böschung und stört erheblich die Verkehrslenkung. Dadurch entsteht Kollisionsgefahr, denn großartig ausweichen geht hier nur in die Böschung.
Alle möglichen Schiffsarten sind hier unterwegs, am Wochenende meist weniger als in der Woche. D.h., Montag bis Freitag sind die "interessanten Tage". Hier ein Schiff mit Gefahrgut.
Begegnungen zwischen Sportbooten und Berufsschifffahrt sind hier völlig normal. Das Sportboot braucht keinen Lotsen und zahlt erheblich weniger Gebühren. Der Frachter im Hintergrund hat sicherlich ein paar Tausend Euro Gebühren abdrücken müssen.
Wer mit dem Sportboot fährt, hält sich so weit wie möglich rechts und hat die Augen am besten überall. Der Sog der vorbeifahrenden Schiffe zerrt ganz schön an einem kleineren Boot! Und auch die Signale gelten für das kleine Sportboot: kommt ein sehr großes Schiff entgegen, kann es sein, dass alle anderen in einer Ausweichstelle aufgestoppt werden müssen. Der Segler muß dann eben nach innen an die Festmacher gehen.
Blick vom Fähranleger nach etwa Nord-Nordost zum "Wohnmobil-Parkplatz" (eine ehemalige Brückenzufahrt für militärische Zwecke). Die Wege ziehen sich praktisch am gesamten Kanal entlang. Radfahren und Wandern ist erlaubt.
Die Fähre wartet eine genügend große Lücke ab. Hier kann keiner "anhalten". Wer stoppt, verliert die Ruderwirkung und beginnt mit dem Wind zu treiben. Minuten später sitzt der dann in der Böschung.
Gegen Abend rackert die Fähre immer noch unermüdlich, wenn auch in immer größeren Abständen. Wenns geht, fahren die nicht wegen einem einzigen Auto los. An den Seiten und oben blinken gelbe Warnlichter. Die Fähre hat auch Radar. Jeden Tag die paar Meter hin, paar Meter zurück ... und nicht eine Minute unaufmerksam sein dürfen!
Auch die Schiffe schalten nun die Beleuchtung an. Von vorn sieht man nur die weißen Dampferlaternen plus die Positionslichter. Von achtern sieht man alles mögliche, und auch ein weißes einsames Einzellicht am Heck.
Bis zu zehn normal große Wohnmobile haben hier Platz. Die westliche Seite hat die beste Aussicht, aber bei Regen steigt man eventuell in den verschlammten Grünstreifen aus. Je weiter unten man steht, desto lauter hört man alle Motoren. Und alle anderen latschen auch dauernd am Wagen vorbei. Ich stehe hier am liebsten dort in der Mitte. Wie auf diesem Bild:
Die "Marlies" habe ich am 13.05. gesehen und nochmal am 03.06. Es handelt sich um ein Binnenschiff, das hier Richtung Hamburg fährt. Soweit ich mich erinnere, ist sie Baujahr 1972 und hat noch diesen unvergeßlichen "Binnenschiff-Sound"!
(Das kann man sich hier schön anhören, ab ca. 0:56 ganz deutlich)
Jenseits von Kiel gibt es nichts mehr für die "Marlies": alles Seeschifffahrtsstraße, da dürfte sie keine Zulassung für haben.
In die andere Richtung fahren auch viele Radfahrer. Viele fahren auch eine Tour links am Kanal, wechseln dann mit der Fähre rüber und radeln dann zurück. Kostet ja nichts.
Von was für Dimensionen man hier redet, zeigt sich hier: das kleine Binnenschiff gegen ein nicht mal besonders großes Containerschiff, vermutlich "nur" ein Zubringer. Die richtigen Giganten kommen hier nicht durch, die fahren bis Hamburg und dort ist Schluß. Im Kanal ist bei ca. 44.000 BRZ Schluß (jedenfalls heute noch). Wer noch größer ist, muß ums Skagerrak fahren.
Die Feederschiffe sind auch schon beeindruckend genug.
Solange die Größen bestimmte Werte nicht überschreiten, können Schiffe problemlos aneinander vorbei. Ist eins zu groß, wird der Verkehr so gesteuert, dass es nicht zu Begegnungen kommt - nur in den besonders breiten Ausweichstellen dürfen sich dann die Schiffe begegnen.
Man kann im Kanal auch angeln. Heutzutage ist das Wasser eigentlich recht sauber, aber einen Fisch aus dem Kanal ...?
Manchmal wird es enger. Insbesondere, wenn ein kleinerer überholen will. Das kann vorkommen: die "Kleinen" dürfen ja drei (!) km/h schneller laufen als die "Großen". So ein Überholvorgang dauert ganz schön. Wer überholt wird, fährt dann etwas langsamer - aber allzu langsam geht nicht: wegen der Strömungsverhältnisse beim Vorbeifahren ist es nicht ganz einfach, mit wenig Fahrt Kurs zu halten.
Die Fähre macht eigentlich nur selten fest. Irgendeiner möchte immer mal rüber.
Hier mal ein etwas größeres Feeder-Schiff, über 13.000 Tonnen (das Alter von 18 Jahren sieht man dem Schiff nicht an!).
So tief, wie der liegt, ist er bis zur Grenze beladen.
Eine Feinstaubplakette gibt es für diesen Kasten allerdings nicht. Und hier fahren die noch relativ "umweltfreundlich" mit Gasöl (Diesel). Auf See verbrennen die größeren Maschinen Schweröl. Das ist sowas wie Teer, da hustet es den Feinstaub in Briketts aus den Rohren.
Der Segler verbrennt wahrscheinlich in der ganzen Saison nicht ein Zehntel von dem Treibstoff, den der Frachter in einer Stunde weglutscht. Aber der Vergleich hinkt ja sicher.
Abends scheint hier die Sonne schön schräg über die Wasseroberfläche.
Minuten später wird alles in Gold getaucht.
Viel später kommt noch ein Kreuzfahrtschiff vorbei ...
Wer übrigens nicht nur gucken will, sondern auch mal gerne wissen möchte, wer da so vorbeizieht und wohin, sollte mal bei marinetraffic.com vorbeischauen. (Hier mal der Link zur Umgebung der Fähre Breiholz)
Das ist besonders nützlich, wenn man nicht stundenlang an der Böschung sitzen will - mit dieser Live-Ansicht kann man schon Stunden im voraus sehen, wer und was kommt. Das gibt es auch als kostenlose App (gegen ganz kleines Geld mit ein paar empfehlenswerten Zusatzfunktionen).
Hat es euch gefallen? Laßt doch mal einen Kommentar da !
Comments powered by CComment' target='_blank'>CComment