Neues Mitglied in unserer Kamerafamilie

Canon EOS 750D

Wir haben in unserem Equipment Zuwachs bekommen: eine Canon EOS 750D wird nun eine der kleinen EOS 1000D ablösen. Wir beide fotografieren mit mehreren Spiegelreflex-Gehäusen, weil das den Kameras und Objektiven den verschleißfördernden dauernden Wechsel erspart, und weil es natürlich auch so schön bequem ist ... ohne die Gefahr von Verschmutzung im Inneren der Kamera mal mit dieser, mal mit jener Optik zu fotografieren.

An welche Zielgruppe denkt Canon denn bei der 750D (bzw. der auf dem Markt befindlichen Nachfolgerin 760D)? Die Antwort ergibt sich aus der Modellnummer:

  • Eine Ziffer (z.B. EOS 1D) = Zielgruppe Profisegment; hier finden sich u.a. die Vollformatkameras 5D, 6D usw.
  • Zwei Ziffern (z.B. EOS 50D) = Zielgruppe der ambitionierten Amateure, unteres Profisegment.
  • Drei Ziffern (z.B. EOS 750D) = Zielgruppe fortgeschrittene Amateure, mittleres bis oberes Segment und
  • Vier Ziffern (z.B. EOS 1000D, EOS 1200D usw.) = Zielgruppe Einsteiger und Amateure, die von Kompakt- auf Spiegelreflex erst einmal umsteigen möchten.

Ich habe bislang zwei EOS 1000D als Zweit- bzw. Drittgehäuse benutzt und eine EOS 50D als "Arbeitstier". Jetzt könnte die EOS 750D die Hauptrolle übernehmen, mit der EOS 50D als Zweitkamera.

EOS 750D

Die Kerndaten der "Neuen" (wobei "neu" relativ ist, das Nachfolgemodell 760D ist ja schon längst auf dem Markt) sind schnell aufgezählt:

  • Kompatibel mit Canon EF /EF-S Anschlüssen (nicht aber EF-M)
  • 24 Megapixel (6.000x4.000 Auflösung)
  • Full-HD-Video 1.920x1.080
  • Serienbildaufnahmen: max. 5/Sek.
  • umfangreiche manuelle Einstellmöglichkeiten und zahlreiche, überwiegend sinnvolle Programme
  • gegenüber den älteren Modellen stark erweiterter ISO-Bereich (bis 12.800; als benutzerdefinierte Funktion auch 25.600 möglich)
  • Schwenkbares Display, einblendbares Grid
  • Autofocus mit 19 Meßfeldern
  • Möglichkeit, mit Objektivprofilen die Abbildungsfehler bereits in der Kamera zu korrigieren
  • Verschlußzeiten 1/4.000 bis 30 Sek.; Blitzsynchronisierung bei 1/200 oder langsamer.
  • Anschlußmöglichkeiten u.a. an Smartphone (WLAN oder NFC möglich), dazu HDMI-Ausgang, Hi-Speed-USB
  • Vollständige technische Daten hier bei Canon!

Zu allererst ...

Was mir recht negativ aufstößt: Canon hat irgendwann in den letzten Jahren das RAW-Format geändert. Obwohl es immer noch CR2-Dateien sind, können sie nicht mehr in Adobe Camera Raw 6.7.1 geöffnet werden. Und genau das ist die letzte Version, die mit meinem Adobe Photoshop CS5 funktioniert. Die für das neue Canon-Dateiformat benötigte Version von Camera Raw lautet 7.1, aber die mag nicht mehr mit Photoshop CS5. Ich habe nur zwei Alternativen: noch mal Upgrade auf CS6, oder die Dateien allesamt nach Adobe DNG konvertieren.

Für die Änderung des Dateiformats seitens Canon fällt mir jetzt mal spontan kein Grund ein: Rohdaten sind Rohdaten. Diejenigen aus der 750D sind wahrscheinlich nicht anders aufgebaut als die der "alten" 50D. Ich hab so eine leise Ahnung, als ob die Kamerahersteller da eine freundschaftliche Zusammenarbeit mit Adobe pflegen. Ich werde da wohl oder übel noch eine Weile den DNG-Konverter bemühen müssen. Photoshop CS6 kostet selbst gebraucht immer noch einen mittleren dreistelligen Betrag.

Erster Eindruck?

EOS 750D

Die Kamera ist kompakt, aber keineswegs klein oder leicht: im Gegenteil wirkt das Gehäuse sogar recht massiv und wertig. Der Griff liegt gut in der Hand. Meine alte 50D ist aber (mit Batteriegriff) sehr viel besser ausbalanciert: ich denke, ein Batteriegriff wird demnächst noch dazubestellt. Die Schalter, Knöpfe und das Programmrad machen einen soliden Eindruck, da wackelt nichts. Hoffentlich hält dieses Modell genauso lange wie meine alte 50D: die fühlt sich trotz sehr reichlicher Benutzung immer noch genauso stabil an wie am ersten Tag. Da ist nicht mal das Gummi am Griff nennenswert abgenutzt: so muss das!

Ergonomie

Das Display ist hell und brilliant, obwohl ich den Helligkeitsregler noch nicht mal voll aufgedreht habe (ca. Mittelstellung). Endlich habe ich ein schwenkbares Display! Das erleichtert mir die Aufnahmen aus "unbequemen" Perspektiven sicher erheblich - in der Vergangenheit habe ich mit der 50D schon recht gut das "Zielen über Kopf" gelernt. Schwenkbares Display ist aber sicherlich zehnmal besser als "Shooten nach Raten".

Alle Bedienelemente liegen logisch verteilt, sind gut erreichbar und im Dunkeln nach einer Eingewöhnungszeit auch durch unterschiedliche Formgebung tastbar.

Die Knöpfe sind dort, wo man sie bei Canon mehr oder weniger erwartet. Allerdings hätte ich auf der Rückseite lieber ein Rad gehabt (wie bei der EOS 50D). Das Blättern durch umfangreiche Bildlisten dauert mit den Richtungstasten doch eben etwas länger. Das Rad ware für verschiedene andere Einstellungen auch überaus sinnvoll. Aber mit den Tasten kann man sich arrangieren.

EOS 750D

Wie man sieht: leider spiegelt das Display! Schade, denn Sony hat schon vor vielen Jahren z.B. bei der FX-1 mal vorgemacht, wie ein Display wirklich outdoor-tauglich wird: selbst in praller Sonne ist alles noch einwandfrei zu erkennen. Geht also auch (hätte vielleicht aber auch den Preisrahmen gesprengt). Man kann dem Display eine Schutzfolie verpassen, nur dann wird es wohl kaum noch als Touchscreen funktionieren.

Immerhin kann man etliche Einstellungen auch auf dem Display als Touchscreen vornehmen. Das optional eingeblendete Gitter ist sehr, sehr nützlich. Schade nur, dass Canon nicht auch gleich eine entsprechende Einlegescheibe für den optischen Sucher mitliefert; eine Horizontkontrolle ist eigentlich unverzichtbar. Wir sehen so viele eigentlich gelungene Aufnahmen im Netz, die aber durch einen schiefen Horizont zerstört werden ... schade, wenn ein Bild so lieblos ins Netz geklatscht wird! Da könnte ein Kamerahersteller doch die 50 Cent auch noch investieren.

EOS 750D

Wie schon frühere Canon DSLR hat auch die 750D einen Live View-Modus (Sucherbild auf Display). Das erleichtert viele Einstellungen natürlich enorm! Bei Landschaften und Architektur, aber auch im Studio wird man das größere Display und das einblendbare Grid natürlich sehr schätzen. Neu ist, dass jetzt auch der Autofocus in allen Modi funktioniert während der Live View-Anzeige. Das war früher technisch bedingt nicht möglich. Und weil das möglich ist, wurde auch erst der Videomodus verfügbar: während der Aufnahme hat früher der Autofocus nämlich nur in den Aufnahmepausen nachgeführt, nicht während der Aufzeichnung des Bildes.

Bildqualität

In den niedrigen ISO-Stufen bis ca. 400 sehe ich auch bei starker Vergrößerung kein Rauschen. Bis hinauf zu ISO 3.200 ist das Rauschen wirklich moderat und stört nicht, lediglich bei den höheren Stufen (6.400 und 12.800) nimmt es sichtbar zu. Aber der technische Fortschritt ist bemerkenswert: bei 12.800 rauscht es weniger als bei der 50D mit 3.200 (dort Maximum).

Über ein paar Handgriffe läßt sich der zulässige Bereich noch einmal erhöhen auf ISO 25.600. Jetzt rauscht es ziemlich deutlich, aber ... die Bilder sind noch brauchbar und können mit Photoshop sicherlich noch ein wenig "entschärft" werden. Ungeachtet der erreichbaren Qualität gilt für mich jedenfalls immer noch die Regel: ISO runter, soweit wie es gerade eben geht.

Zu der Farbwiedergabe kann ich aus analytischer Sicht nicht viel sagen: ich stelle die Kameras auf eine neutrale Farbwiedergabe und verwende die RAW-Bilder. Farbstiche oder schwächelnde Farbbereiche fallen eventuell einem Testlabor auf: ich habe sowas bei Canon noch nie erlebt. Dabei kenne ich viele Modelle ab der ersten 300D.

EOS 750D

Auch der Weißabgleich funktioniert in der Regel sehr zuverlässig. Wenn mir die Ergebnisse bei Kunstlicht nicht so zusagen, korrigiere ich den Weißabgleich eben in Camera RAW. Das bringt gerade bei einer Mischung aus Tages- und Kunstlicht ein besseres Ergebnis, als die Einstellungen vor Ort anzupassen.

Videofunktion

Der eingebaute Ton ist dank des ungünstig angebrachten Mikrofons schon mal schlecht. Der Autofocus der Objektive ist sehr deutlich zu hören. Bei dem Yongnuo 1:1,8/50 mm (vergleiche dazu auch: Kleiner Test: Yongnuo 1:1,8/50 mm (Canon Mount)) zum Beispiel macht der Autofocus einen sehr heftigen Krach ... einzige Abhilfe: manuell focussieren oder noch besser später nachvertonen.

Dafür sind die Aufnahmen einfach spitze! Und endlich kann ich mit einem echten Weitwinkel drehen, was ich mit der Sony FX-1 nie konnte - da ist die sonst ausgezeichnete Optik leider nicht wechselbar! Wegen des für eine Videokamera recht niedrigen Gewichts würde ich allerdings immer zu einem Stativ raten, mindestens ein Einbein sollte schon dabei sein. Eine (große) Videokamera läßt sich besser greifen. Bei der 750D kommt noch hinzu, dass sie technisch bedingt als Sucher nur das Display zuläßt. Man braucht also Abstand zwischen Körper und Kamera. Das bedingt leicht ausgestreckte Arme und dann fängt es schon fast zwangsläufig an, unruhig zu werden.

EOS 750D

Wer die Kamera so halt, wie es durch die Gehäuseform bedingt ist (eine Hand links, eine rechts), verdeckt links schnell unabsichtlich das Mikrofon. Also, wenn es wirklich auf den Ton ankommt: besser mit der linken Hand unter dem Objektiv abstützen. Das zittert dann nicht so, und man versaut nicht noch den ohnehin nicht berauschenden Ton.

Ein wenig mehr störend ist die fehlende Möglichkeit, durch den Sucher zu sehen bei der Aufnahme - geht aber technisch nicht, weil zur Aufnahme der Spiegel hochklappen muss. Nun ja, wir haben hier keine Videokamera, sondern nur eine super Zusatzfunktion. Endlich Superweitwinkel im Video! Wer hat sowas schon?

Zoomen geht während des Videodrehs natürlich auch. Aber die Objektive sind dafür natürlich überhaupt nicht ausgelegt. Einen langsamen, aber vor allem einen gleichmäßigen Zoom bekommt man mit diesem Gerät wahrscheinlich gar nicht hin. Ich habe es probiert und nicht geschafft. Es soll als Zubehör aufsteckbare elektrische Antriebe für die Optiken geben. Ob sich das dann lohnt? Viele Videos leiden an übermäßigem Zoomgebrauch ... sollte man vielleicht probieren und verzichten?

Connectivity (neudeutsch: Anschlüsse)

Was mich wirklich begeistert: über das kameraeigene (!) WLAN kann man fast alle Funktionen der Kamera auch auf dem Smartphone oder Tablet (App heißt Canon Camera Connect) benutzen. Man sieht alle Aufnahmen (leider nicht RAW, weswegen ich RAW+JPEG fotografieren muss; zuhause werden dann die JPEGs gelöscht), kann die Kamera fernbedienen und kommt an eine Menge Einstellungen heran. Das halte ich für genial. Jetzt brauche ich auf dem Stativ nicht unbedingt den Fernauslöser / den Timer, und vor allem kann ich bei wichtigen Aufnahme-Gelegenheiten sofort die Bilder auf dem Tablet kontrollieren. Wenn es wirklich tricky wird mit der Schärfe, ist das gerade bei nicht wiederholbaren Gelegenheiten eine klasse Funktion.

EOS 750D

Es gibt auch weitere Möglichkeiten: sogar der Austausch mit anderen dazu befähigten Canon-Kameras ist möglich, oder die Verbindung mit verschiedenen Webdiensten. Diese Möglichkeiten habe ich noch nicht ausprobiert. Sehr sicher muss die Kamera dann via Smartphone ins Web gehen und kann von dort z.B. Facebook erreichen. Notwendig ist das aber ganz sicher nicht; vielleicht finde ich ja noch eine sinnvolle Verwendung dafür. Ansonsten kann ich meine Bilder auch mit der App von der Kamera herunterkopieren und dann wie immer hochladen, wenn es unbedingt sein muss.

Dateigrößen

Durch die hohe Auflösung hat sich mein Platzbedarf auf den Chips mal eben locker mehr als verdoppelt. Die 50D bringt 15 MP, die 1000D "nur" 10 MP, und nun sind es 24 MP, die pro Aufnahme auf die möglichst schnelle SD-Card möchten. Angesichts dessen ist übrigens die Serienbildfunktion auch im RAW-Modus erstaunlich schnell.

EOS 750D

Obwohl es RAW-Bilder sind, schwanken die Dateigrößen. Dabei wird dann wohl verlustlos komprimiert. Aber um die 30 Megabyte sind es für jedes einzelne Bild. Die Kamera errechnet auch selbst, was noch an Bildern auf den Chip paßt: bei einem 32-GB-Chip sind es ca. 600 Bilder, wenn RAW+JPEG geschossen wird. Arbeitet man mit hohen ISO-Werten, nimmt die Bildgröße sogar noch deutlich zu. Ich hatte schon Aufnahmen mit 47 MB Dateigröße.

EOS 750D

Zusammenfassung

Obwohl sich die Kamera an (ambitionierte) Einsteiger richtet und dafür auch reichlich Automatiken bietet, fühle ich mich mit der Kamera sehr wohl. Die Bildqualität ist einwandfrei, die Bedienung auch. Wenn ich manuell fotografieren will, kann ich das problemlos; fast alles läßt sich intuitiv einstellen. Manche Funktionen (AE Bracketing für HDR zum Beispiel) sind ziemlich tricky einzustellen. Man kann die Kamera sicher nicht direkt aus dem Karton mit zum Shooting nehmen!

Händler und Service

Über amazon erzielte ich dieser Tage (Anfang Juli 2016) den besten Preis für die neue Kamera ohne Objektiv. Der Händler allerdings ist nicht unproblematisch, trotz durchgehend guter Bewertungen: die erste Kamera kam defekt an. Reklamation beim Händler nicht möglich, nur Rückgabe und Neubestellung. Könnte dem Verbraucher ja egal sein ... wenn dasselbe Modell nicht ein schon zwei Tage später teurer geworden wäre. Eigentlich sollte ein Kunde, der seine gesetzlichen Gewährleistungsansprüche geltend macht, nicht noch auf diesem Umweg zuzahlen müssen.

Wie die Geschichte sich eine Weile zog und dann für mich doch noch ein akzeptables Ende nahm: Wenn der schnelle Rubel lockt ... stört Kundenservice nur!